Studie zeigt: Grüner Wasserstoff kann zu konkurrenzfähigen Preisen in Norddeutschland produziert werden
Im Auftrag des Wasserstoff Campus Salzgitter hat MAN Energy Solutions gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST die Rahmenbedingungen für eine künftige Versorgung des Stahl-Standorts Salzgitter mit grünem Wasserstoff untersucht. Eine der Leitfragen der Autoren: Welche Rolle kann in Deutschland lokal gewonnener, grüner Wasserstoff spielen, und ist er gegenüber Importen wirtschaftlich konkurrenzfähig?
Die Berechnungen zeigen: Bei direkter Nutzung des Wasserstoffs ohne weitere Umwandlung kann der Einsatz von lokalem H2 ab 2030 sogar günstiger als ein Import sein. Während in Norddeutschland Kosten von rund 4 Euro abbildbar sind, würde etwa aus Tunesien importierter Wasserstoff mindestens 4,70 Euro pro Kilogramm kosten – jeweils zuzüglich Marge.
Marc Grünewald, Head of Business Development, Power und New Energies bei MAN Energy Solutions, sagt: „Bei direkter Nutzung ist das lokale H2-Produkt aufgrund der wegfallenden Kosten für Transport und Umwandlung wirtschaftlich im Vorteil. Grüner Wasserstoff kann in Norddeutschland also zu attraktiven Gestehungskosten hergestellt werden und somit die Grundlage für eine deutsche Wasserstoffwirtschaft bilden. Das sind gute Nachrichten für den deutschen Wirtschaftsstandort.“
Für die Studie haben die Autoren verschiedene Lieferketten für grünen Wasserstoff modelliert und mögliche Importrouten – z.B. aus Portugal, Kanada, Tunesien und Schottland − verglichen. Zwar lässt sich grüner Wasserstoff in sonnenreichen Ländern deutlich günstiger produzieren, allerdings muss dieser anschließend für den Transport nach Deutschland umgewandelt und später wieder rückgewandelt werden. Dieser mit Kosten und Verlusten behaftete Prozessschritt treibt die Gesamtkosten über die Gestehungskosten von in Norddeutschland aus Windenergie gewonnenem H2, der per Pipeline zum Bestimmungsort gelangt und dort unmittelbar genutzt wird.
„Dennoch werden wir natürlich auch Importwasserstoff benötigen und zwar in großen Mengen. Aus zwei Gründen: Erstens können wir aufgrund des begrenzten Windenergiepotentials in Deutschland nur einen Bruchteil des perspektivischen Bedarfs überhaupt aus heimischen Quellen decken. Zweitens schwindet der lokale Kostenvorteil in dem Augenblick, wo der Wasserstoff nicht direkt, sondern als Rohstoff für synthetische Kraftstoffe wie Ammoniak, Methanol oder Methan eingesetzt werden soll. Das wird in vielen Fällen so sein, etwa in der Schiff- oder Luftfahrt. Wir brauchen also neben einer heimischen Produktion auch starke internationale Partner und Importrouten aus den sonnen- und windreichen Regionen Nordafrikas, Patagoniens, Schottlands und Kanadas“, fügt Grünewald hinzu.
Aufgrund seiner geringen Energiedichte und hohen Flüchtigkeit lässt sich reiner Wasserstoff über längere Strecken bislang nicht wirtschaftlich transportieren. Es existiert zudem weder eine Tankerflotte noch Infrastruktur in den Häfen. Experten gehen daher davon aus, dass der internationale Transport zunächst über die Umwandlung in transportfähigere Medien skalieren wird.
Aufgrund geringer technologischen Reife und fehlender Infrastruktur betrachtet die Studie von MAN Energy Solutions und Fraunhofer Institut weder verflüssigten Wasserstoff noch sog. LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier). „Für Kapazitäten bis mindestens 2030 werden diese Technologien noch keine Rolle spielen“, so Grünewald. Mithilfe der Umwandlung in Ammoniak (NH3), Methan (CH4) oder Methanol (CH3OH) könnten hingegen auch großskalige Importszenarien schon sehr zeitnah realisiert werden. „Was die Welt braucht sind grüne Wasserstoffproduktionen in industrieller Dimension – wir zeigen, dass auch Deutschland als Produktionsstandort eine Rolle spielen kann.“
Das Thesenpapier mit den Ergebnissen ist hier verfügbar.
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